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Rücktritt von Bonner SPD-Chef

Harder: "Ich mache den Weg für einen Neuanfang frei"
 
Von Lisa Inhoffen
BONN. Als Ernesto Harder am Mittwochmittag zur Pressekonferenz im Alten Rathaus eintraf, war die Nachricht
von seinem Rücktritt als
SPD-Parteichef längst rund.Am Abend vorher hatte der 37-Jährige bei der Vorstandssitzung in der Parteizentrale
in Poppelsdorf das
Handtuch geworfen. "Ich mache den Weg für einen Neuanfang frei", erklärte er.
Seinen Rücktritt begründete er mit der Entscheidung der Mitgliederversammlung am vergangenen Samstag,
Peter Ruhenstroth-Bauer (58)
zum OB-Kandidaten zu wählen. "Dazu gratuliere ich Peter Ruhenstroth-Bauer voller Anerkennung und rufe alle
Mitglieder auf, sich nun
geschlossen hinter ihn zu stellen", sagte Harder, der selbst auch kandidiert hatte, aber mit 153 zu 227 Stimmen
durchgefallen war.
"Meine OB-Kandidatur und meine Arbeit als Unterbezirksvorsitzender sind offensichtlich miteinander verwoben
worden. Für viele Mitglieder

war ich nicht wählbar, weil ich als Parteivorsitzender verantwortlich für die Wahlniederlagen der SPD in Bonn bin",

sagte er.
Eine Erklärung, die Fragen aufwarf. Schließlich liegt die letzte Kommunalwahl, bei der die SPD gerade einmal

bei 23,4 Prozent landete,

schon zehn Monate zurück. "Wir haben nach der Wahl unsere Fehler analysiert und versucht, neue Wege für
die SPD zu entwickeln.
Offensichtlich hat das vielen nicht gereicht", sagte er. "Ich übernehme die Verantwortung für die schlechten
Wahlergebnisse, kann aber
nicht mehr Parteichef und damit Wahlkampfleiter sein", sagte Harder.
Allerdings wolle er weiter neben Bärbel Richter Ratsfraktionsvorsitzender bleiben und Ruhenstroth-Bauer in
dieser Position unterstützen.
Harder erinnerte an einen Parteitag im Herbst, auf dem ihm unter anderem Ruhenstroth-Bauer Versagen als
Wahlkampfleiter vorgeworfen
habe. Den Rücktritt habe ihm damals indes niemand nahegelegt.

Ruhenstroth-Bauer sagte gestern auf GA-Nachfrage: "Ich habe damals dargestellt, dass das, was die Agentur
für den SPD-Wahlkampf
abgeliefert hatte, ein Beispiel dafür ist, wie man es nicht machen sollte." Zur Rücktrittsentscheidung Harders
meinte der OB-Kandidat
der SPD, "das ist seine individuelle Entscheidung, die ich nicht kommentieren will".
Die Kandidaten-Nominierung sei jedenfalls ein "wunderbarer, demokratischer und öffentlicher Prozess" gewesen,
sagte er.
Während Harder nach außen um Sachlichkeit bemüht ist, nimmt Bodo Buhse kein Blatt vor den Mund.
Das SPD-Urgestein aus
Tannenbusch hat wie Schriftführer Martin Pfafferoth ebenfalls sein Vorstandsamt als Kassierer hingeschmissen.
Aus Solidarität mit seinem jungen Parteifreund. "Es ist hinter den Kulissen seit Monaten Stimmung gegen Ernesto
Harder gemacht
worden", sagte der 71-Jährige, "von den alten Strippenziehern, die selbst nichts im Wahlkampf gemacht haben.
Das habe ich denen
auch gesagt."
 
Mit ihren schlechten Ergebnissen bei den Kommunalwahlen liege die SPD voll im Bundestrend, sagte Buhse,
"aber bei der
Mitgliederentwicklung stehen wir deutlich besser da als der Landesdurchschnitt". Das hätten Harders Kritiker völlig
ausgeblendet.
Auch im Internet in sozialen Netzwerken ergreifen besonders jüngere Genossen Partei für Harder und sehen die
SPD mitten im
OB-Wahlkampf vor einem Scherbenhaufen.